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Die Wahrnehmung beherrscht den Raum genau in dem Verhältnis, in dem die Tat die Zeit beherrscht Henri Bergson (aus: Materie und Gedächtnis, 1896) Katja Pudor entfaltet oder vielmehr entfesselt auf weißem Papiergrund das Spiel von An- und Abwesenheit als Wesenskern alles Grafischen. Die bildnerischen Vorgänge sind in ihren zeitlichen und räumlichen Dimensionen unmittelbar präsent, sie bedürfen keiner Übersetzungen in Abbilder. Im Setzen von Zeichen, im Schichten, Überschreiten und Überschreiben von Spuren, in den immer wieder neu zu erfindenden Vokabularen aus rhythmischen gestischen Kürzeln (bisweilen analog zu musikalischen Notationen) verwirklicht sich vielmehr die Immanenz des selbstgewissen Handelns, eines darin Bleibens, Anhaftens. Die von ihr verwendeten Zeichengeräte, häufig unkonventionell erweitert und kombiniert, werden dabei zu Prothesen, die den Körper in den Raum hinein verlängern und zugleich an leichtfertigen Abkürzungen hindern. Katja Pudors grafische Performances machen den tänzerischen Gestus als Wechselspiel von Spannung und Lösung, Stocken und Fließen, Verdichten und Überschreiben auf der Fläche des Bildträgers erfahrbar. Es gibt kein vorgefasstes Konzept eines abbildhaften Bildraums und somit keine klassische Komposition mit ihrer Dialektik aus Bildfläche und Tiefenillusion. Das bildnerische Geschehen ist die Verbindung von Jetzt-Zuständen, die sich aus einer inneren Notwendigkeit heraus aneinander fügen. Die Notationen sind streng und intuitiv zugleich, ohne jede Manieriertheit und Gefälligkeit. Musikalische Kompositionen als Referenzen spielen sich eher auf einer verborgenen Ebene ab, die Betrachtenden erfahren davon nur durch die Präsenz der vor ihren Augen entfalteten grafischen Mittel. Vincent Schubarth, Künstler und Kurator, Palais für aktuelle Kunst, Glückstadt 2022 Perception dominates space in exactly the same proportion as action dominates time Henri Bergson (from: Matter and Memory, 1896) Katja Pudor unfolds the interplay of presence and absence as the essence of everything graphic on a white paper background. The pictorial processes are immediately present in their temporal and spatial dimensions; they do not require any translation into images. In the setting of signs, in the layering, crossing and overwriting of traces, in the vocabularies of rhythmic gestural abbreviations that are constantly being reinvented (sometimes analogous to musical notations), the immanence of self-assured action, of remaining in it, of clinging to it, is realized. The drawing instruments she uses, often extended and combined in unconventional ways, become prostheses that extend the body into space and at the same time prevent easy shortcuts. Katja Pudor's graphic performances make it possible to experience the dance-like gesture as an interplay of tension and release, stagnation and flow, condensation and overwriting on the surface of the image carrier. There is no preconceived concept of an image-like pictorial space and thus no classical composition with its dialectic of pictorial surface and illusion of depth. The pictorial event is the connection of now-states that join together out of an inner necessity. The notations are strict and intuitive at the same time, without any mannerism or complaisance. Musical compositions as references tend to take place on a hidden level; viewers only experience them through the presence of the graphic means unfolding before their eyes. Vincent Schubarth, Artist and curator, Palais for contemporary art, Glückstadt2022 |